Freitag, 2. Juli 2004: Bericht: Religionsstunde an der Sprachheilschule vom 2. Juli 2004

An der Sprachheilschule wurde die Religionsstunde in den letzten vier Monaten vor den Sommerferien in Gebärdensprache unterrichtet. Ein Novum!

Es ist einfach phantastisch, dass die gehörlose Frau Inge Scheiber-Sengl für eine kurze Weile an der Sprachheilschule St. Gallen unterrichtet, weil der Pfarrer Achim Menges in den viermonatigen Studienurlaub ging.

Bevor uns Herr Schlegel, Direktor Sprachheilschule St. Gallen per Mail schrieb «Herzlich Willkommen in der Sprachheilschule, ich habe keine Lust mehr zu streiten ob in Lautsprache oder Gebärdensprache (...)» .

Dank seinem netten Erlaubnis darf ich hier etwas kurz berichten. Es ist auch wichtig daran zu merken, dass die gehörlose Inge dort nicht angestellt ist, sondern beim Pfarramt für Gehörlose des Kantons St. Gallen.



Religionsstunde in Gebärdensprache mit ihrer Klasse, man fragt sich sofort auf dem Bild, wieso nur 3 SchülerInnen da sind. Dies ist, weil der Rest (4 SchülerInnen) nicht daran teilnehmen, da sie Moslems sind.



Ich stellte noch 4 neugierige Fragen an die SchülerInnen.

1. Was gefällt dir in der Sprachheilschule?
Tamara* - Mir gefällt es hier nicht besonders, weil es zuwenig Gehörlose gibt.
Katja* - Ich schließe mich Tamara an, auch viele sprechen meistens oral.
Reto* - Mir auch nicht.

2. Welches ist dein Lieblingsfach?
Tamara* - Deutsch und Turnen
Katja* - Rechnen
Reto* - Turnen

3. Hättest du gern einen großen Wunsch, wenn die gehörlosen Lehrerinnen euch während der Schule in Gebärdensprache unterrichten?
Tamara* - ja unbedingt!
Katja* - ja sicher, damit ich noch besser verstehen kann.
Reto* - Nein, nicht Gehörlose sondern Hörende, auch wenn in Gebärdensprache unterrichtet wird.

4. Hast du außerdem auch irgendwelche Informationen für kulturelle Veranstaltungen, sowie z.B. St. Galler Sportturniere, Gehörlosenzentrum, etc. ?
Tamara* - Nein, nichts.
Katja* - Auch keine Ahnung.
Reto* - Nichts informiert.

* = Namen geändert und zensurierte Bilder, da Eltern nicht um Erlaubnis nachgefragt.

Schlusskommentar:
Die Schülerinnen fragen meistens interessiert über die "gehörlose" Umwelt, wie und was wirklich funktioniert. Auch sie sind daran beteiligt, dass sie sich nicht als "Fremde" fühlen, sondern zusammengehören, wenn man in Gebärdensprache kommuniziert. Noch etwas ist mir zum Teil aufgefallen: beim Abschied der letzten Religionsstunde vor den Sommerferien für Inge haben die Gehörlosen sie spontan umarmt, das ist für uns alle etwas besonderes!

Diese spezielle Situation beschäftigt mich am meisten und ich stelle mir noch die letzte Frage:
Waren wir Gehörlose damals wirklich schon mit den «Oralisten» (= Gebärdensprachgegner) vom ganzem Herzen «vereint»?


Ereignisdatum: Freitag, 2. Juli 2004; Publikationsdatum: Montag, 16. August 2004
Quelle oder Autor: Daniel Marti